Philosophie
Wissenschaft
Newsletter
Erweiterte Suche

08.03.2021 09:09 Alter: 3 yrs

De-/Kolonisierung des Wissens


Aufruf zu Beiträgen

Theme: De-/Kolonisierung des Wissens
Type: Interdisziplinäre Konferenz
Institution: Universität Wien
 Akademie der bildenden Künste Wien
 Kunst-Universität Linz
 Wiener Gesellschaft für interkulturelle Philosophie (WiGiP)
Location: Wien (Österreich)
Date: 19.–20.11.2021
Deadline: 30.4.2021



Die Konferenz De-/Kolonisierung des Wissens ist eine Kooperation
zwischen der Universität Wien, der Akademie der bildenden Künste
Wien, der Kunst-Universität Linz sowie der WiGiP (Wiener Gesellschaft
für interkulturelle Philosophie) und findet vom 19.-20. November 2021
in Wien statt. Mit der geplanten Konferenz wollen wir ein Forum
schaffen, um verschiedene dekoloniale Initiativen innerhalb und
außerhalb von Hochschulen miteinander ins Gespräch zu bringen. Im
Rahmen der Konferenz sollen epistemische Mechanismen der
(Neo-)Kolonialisierung sowie Möglichkeiten eines dekolonialisierten
Wissens in verschiedensten wissenschaftlichen, künstlerischen und
aktivistischen Beiträgen diskutiert und reflektiert werden. Neben der
inhaltlichen Auseinandersetzung besteht die Absicht darin, sich
besser zu vernetzten, gemeinsam an dekolonialen Wissenspraktiken zu
arbeiten und für mehr Diversität im Personal und in den Curricula
verschiedener Bildungsinstitutionen zu sorgen.

Noch immer ist die Ansicht weit verbreitet, wonach der Kolonialismus
– als eine systematische Besetzung, Unterdrückung und Ausbeutung von
territorialen Gebieten, Ressourcen und Körpern der ›Anderen‹ – ein
Ereignis der Vergangenheit ist. Dem steht die Auffassung gegenüber,
dass der Kolonialismus auf unterschiedliche Weise eine sich perfide
fortschreibende und daher fortgesetzt gegenwärtige Gegebenheit
darstellt. Stärker noch: Wir sind heute mit neuen, subtileren Formen
kolonialer Gewalt konfrontiert. Vor diesem Hintergrund kann sich die
Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus nicht auf eine historische
Aufarbeitung beschränken, welche gleichwohl unabdingbar ist. Vielmehr
müssen die Denk- und Handlungsmechanismen der Gegenwart analysiert
und Wege der Intervention gefunden werden. Es gilt, in
unterschiedlichen Bereichen unserer Wissens- und Lebenswelten sowohl
(Gegen-)Strategien von Analyse und Kritik als auch Möglichkeiten
solidarischer Vernetzung zu finden, um theoretisch wie auch
praktisch, global und auch lokal neo-/koloniale
Herrschaftsverhältnisse aufzuzeigen, zu dekonstruieren und Dynamiken
ihrer Transformation einzuleiten.

In diesem Sinne wollen wir im Rahmen unserer Konferenz auf
mannigfaltigen Wegen thematisieren, durch welche Wissens-Mechanismen
Kolonisierungen zu Stande kamen, kommen und sich weiterhin
aufrechterhalten. Analysiert werden sollen u.a. die Verfahrensweisen
einer kolonialen Logik, die sich bis heute als eine
unanfechtbar-souveräne Vernunftkultur präsentiert und ihre
epistemische Machtstellung gerade dadurch zu sichern sucht, dass sie
ein abgewertetes ›Anderes‹ dem Eigenen gegenüberstellt. Auf diese
Weise werden ›andere‹ Wissenskulturen und Wissenspraktiken entweder
als Irrationalitäten stigmatisiert, gewaltsam unterdrückt und als
nicht legitime oder als gänzlich ›fremde‹ ausgeschlossen; oder sie
werden zum begehrten Kitsch, zur Exotik und Esoterik entstellt. In
anderen Fällen wird das Wissen der ›Anderen‹ zwar angeeignet, jedoch
um den Preis, dass seine Herkunft entnannt, verheimlicht und selbst
noch die zu ihm führende Spur verschleiert wird. Derartige
Mechanismen zielen deswegen nicht nur auf die Verfestigung der
eigenen kolonialen Vormachtstellung ab, sondern bezwecken
gleichermaßen die aktive Verhinderung einer befreienden
Transformation, die durch aktive Teilnahme und gleichberechtigte
Teilhabe entstehen könnten. Gerade deswegen möchten wir fragen,
welche ›anderen‹ Kenntnisse jene missbräuchliche, alles verzehrende
Gewalt des Kolonialismus überleben konnten; wie sie sich – lokal und
global – gegen kolonial motivierte Wissensregime durchsetzen konnten
und darin Möglichkeiten emanzipatorischer Umgestaltung aufzeigen.

Der Titel »De-/Kolonisierung des Wissens« bezieht sich
dementsprechend nicht nur auf die Frage, wie sich koloniales, sondern
auch antikoloniales, emanzipatorisches Wissen generiert und wie
derartige Wissensprozesse unweigerlich auf das Erleben der Realität
einwirken oder diese gar konstituieren. Solche Prozesse können sich
in unterschiedlichen epistemischen Praktiken vollziehen. Neben
institutionalisierten Formen des Wissens wie insbesondere der
akademischen Wissensproduktion meinen wir damit etwa auch
Wissensformen, die in alltäglichen Situationen, im Habitus der
Körper, in diversen Künsten, in sozialen und spirituellen Ritualen,
unter Verwendung von Gegenständen, technischen Instrumenten und
digitalen Medien oder auch im politischen Aktivismus stattfinden. Wir
denken auch an subtile Wissenspraktiken, die auf ersten Blick schwer
zu fassen sind, sich der Sprache und anderen Formen der Artikulation
entziehen, weil sie sich nicht-propositional, sondern (teilweise)
ungewusst oder unbewusst ereignen. All diese Wissensformen, die man
erweitern bzw. weiter differenzieren oder auch miteinander vermengen
kann, stehen jedoch nicht isoliert da, sondern in vielerlei Bezügen.
Sie beziehen sich auf diverse Problematiken und Konflikte ebenso wie
auf Bedürfnisse, Begierden und Hoffnungen.

So sehen wir unseren Call zu einer »De-/Kolonisierung des Wissens«
als den weit gefassten Aufruf, unterschiedliche Beiträge dekolonialer
Forschung und Praktiken – diesseits von disziplinierenden
Wissensbereichen und -hierarchien – zusammen und in einen fruchtbaren
Austausch zu bringen. Neben dem klassischen Format des Vortrags
begrüßen und unterstützen wir in diesem Sinne auch andere Formate der
Präsentation: von Performance-Lectures bis hin zu Filmen, Gedichten,
Bildern oder Installationen. Auch Workshops, partizipative
Aktivitäten und nicht-frontale Präsentationen sind sehr willkommen.

Bitte schickt Eure Vorschläge für Vorträge als Abstract – oder bei
technologischen Vorschlägen und künstlerischen Beiträgen in Form
einer Beschreibung des präsentierten Projekts – bis 30. April 2021
an: dekolonial2021@univie.ac.at

Eine Publikation der Beiträge ist vorgesehen. Für Teilnehmende ohne
institutionelle Anbindung und/oder mit finanziellen Schwierigkeiten
werden (sofern das Budget es zulässt) Teile der Fahrt- und
Übernachtungskosten übernommen. Sowohl für Partizipierende als auch
für das Publikum ist die Teilnahme an der Konferenz kostenlos.


Einreichungshinweise:

* Für Vorträge und Performance-Lectures:
- Angabe des gewählten Formats
- Titel
- Abstract (3000 Wörter)
- Kurze Bio und Kontaktdaten
- Technische Anforderungen

* Für Workshops, partizipative Aktivitäten, Performances und
 nicht-frontale Präsentationen:
- Angabe des gewählten Formats
- Titel
- Abstract (2000 Wörter)
- Vermittlungskonzept (Ablauf der Aktivitäten, Anzahl der
 Teilnehmer*innen) (1000 Wörter)
- Kurze Bio und Kontaktdaten
- Technische und materielle Anforderungen

* Für technische/praxisbezogene Einreichungen und künstlerische
 Beiträge:
- Art des Beitrags
- Titel
- Beschreibung des geplanten Vorhabens
- 2 Bilder
- Kurze Bio und Kontaktdaten
- Technische und materielle Anforderungen, Skizze

Produktionskosten können nicht übernommen werden.

Einreichungen bitte bis 30. April 2021 an:
dekolonial2021@univie.ac.at

Die Entscheidungen bezüglich der Annahme des Beitrags werden Mitte
Juni 2021 kommuniziert.

Eine Verschiebung der Konferenz auf Grund von möglichen
Corona-Maßnahmen kann derzeit nicht ausgeschlossen werden.

Organisationsteam:
Murat Ates, Amalia Barboza, Christoph Hubatschke, Sushila Mesquita,
Mariel Rodríguez, Ruth Sonderegger

Für aktualisierte Informationen siehe:
https://dekolonial.univie.ac.at